Das
Fürstentum Waldeck und das Waldecker Lied
Im
Jahre 1648 wurde Waldecks
Unabhängigkeit im Westfälischen Frieden besiegelt, 1711 wurde dann
Waldeck zum Fürstentum erhoben. Am 01.04.1929 wurde das Fürstentum
Waldeck nach einer Volksabstimmung in Hessen-Nassau integriert und
damit Bestandteil von Preußen. Die sehr lange Eigenständigkeit des
Fürstentums Waldeck führte jedoch in der Bevölkerung zur Bildung eines
ganz eigenen Waldecker Bewusstseins, das bei vielen Waldeckerinnen und
Waldeckern bis heute erhalten geblieben ist. Einer der Gründe dafür,
wenn nicht der wichtigste Grund, ist
etwas, das am 10. Januar des Jahres 1857 seinen Anfang nahm und das
dann 33
Jahre später für immer in die Geschichte des Fürstentums Waldeck und
in die seiner Bewohner
eingehen sollte.
An diesem besonderen Tag, nämlich am
10. Januar 1857, wurde in der alten Schule zu Wrexen (heute
Diemelstadt-Wrexen) August Koch
geboren. Dieser machte in Korbach sein Abitur und studierte danach in
Göttingen Theologie. Anschließend betreute Koch kommissarisch die Pfarrstelle
in Külte. Im Jahr 1884 arbeitete Pfarrer Koch in Bochum
als Gefängnisgeistlicher, kam aber ein Jahr später nach Külte zurück.
Im gleichen Jahr heiratete er dann Emma Suden aus Mengeringhausen. Das
Ehepaar hatte 7 Kinder.
Pfarrer August Koch
Pfarrer Koch war 10 Jahre in Külte,
bevor er nach Korbach an die Kilianskirche versetzt wurde. Von 1906 bis
1910 übernahm er dann aber die Pfarrstelle in Vasbeck/Massenhausen.
Unter anderem war er Kreisschulaufseher im Kreis Twiste. Im Jahr 1912 setzte er
sich nach dem Bau der Edersee-Sperrmauer für den Wiederaufbau der
Kirche in Neu Berich ein und wurde zum Konsistorialrat ernannt. Im Jahr
1910 kehrte Pfarrer Koch dann nach Külte zurück. Am 1. August 1925
wurde er in den Ruhestand versetzt. Neun Jahre später, am
29. Juni 1934, starb Pfarrer August Koch im Alter von 77 Jahren in
Mengeringhausen.
Nun aber zu dem so Besonderen und
Herausragenden, das Pfarrer August Koch für alle Waldeckerinnen und
Waldecker damals und für alle Zeiten vollbracht hat.
Im Jahr 1890 im Alter von 33 Jahren besuchte der Pfarrer seinen Bruder in Hagen. Als
man am Abend bei einer Feier in geselliger Runde beisammen saß, wurde
Koch von einigen Hagenern gefragt, ob er denn auch ein Heimatlied aus
seiner Heimat Waldeck singen könne. August Koch aber wusste keines und
konnte
schließlich nur das Lied "Lob der Eichen" singen. Daraufhin wurden er
und seine Freunde übelst ausgelacht und derbe verspottet, weil sie kein
richtiges Lied ihres Heimatlandes Waldeck vortragen konnten. Das war damals
aber auch ganz unmöglich, denn es gab schlichtweg kein
waldecker Lied.
Diesen beschämenden Vorfall jedoch nahm sich der August Koch so zu Herzen, dass er
sich gleich nach seiner Rückkehr aus Hagen noch in der folgenden Woche
hinsetzte, um ein Lied für alle Waldecker zu schreiben. Dazu gab er dem
Lied "Lob der Eichen" einen ganz neuen Text. Der ursprüngliche Text von
"Lob der Eichen" ist von Regierungsrat Dr. Phillip Bunsen, die
Vertonung von
Musikdirektor Friedrich Rose.
(Quelle: u.a. WLZ-Lokalnachrichten,
09.01.2007)
Also veröffentlichte Pfarrer August
Koch noch im Jahr 1890 das berühmte Lied "Mein Waldeck". Dieses Lied
gilt bis heute als Nationalhymne aller Waldeckerinnen und Waldecker und
hat unzweifelhaft in der Bevölkerung zur Bildung eines ganz eigenen
Waldecker Bewusstseins beigetragen. Diese ganz besondere Waldecker Identität
ist auch bis
in die heutige Zeit erhalten geblieben.
Und so kommt es vor, dass man bis zum heutigen Tage bei Dorffesten, auf
Kirmes- und Tanzveranstaltungen, bei Vereinstreffen oder anderen
ländlichen Festen im Waldecker Land plötzlich Männer und Frauen egal
welchen Alters sieht, die plötzlich aufstehen und ihre rechte Hand auf ihr
Herz
legen, wenn die ersten Takte dieses besonderen Liedes erklingen. Wenn
dann alle aus voller Brust, stolz und mit tiefster Überzeugung zu
den Klängen der Blaskapelle "ihr Waldecker Lied" singen
"Unter allen Landen
deutscher Erde, preis´ ich Waldeck mein lieb´ Heimatland. ...", dann - ja dann - bleibt die Zeit stehen und der Waldecker Stern leuchtet!
Also, Du Fremder von Auswärts, wenn Du also zufällig diesem außergewöhnlichen
Ereignis einmal beiwohnen
solltest, dann erschrick nicht! Nein, sei Dir einfach dieses einmaligen und
ganz besonderen Momentes bewusst! Nimm diesen Moment in Dich auf und verschließe
ihn sorgsam in Deiner Erinnerung! Denke aber stets an meine mahnenden Worte: Zum Singen
erhebt man sich erfurchtsvoll und legt seine rechte Hand auf die linke
Brustseite!
Gesungen werden meistens nur die ersten drei Strophen des
Waldecker Liedes, aber nicht immer.
Und so geschah es, dass auch zum Abschluss der bewegenden
Trauerfeier für den verstorbenen Regierungspräsidenten Dr.
Walter Lübcke diese drei Strophen gesungen wurden. Die Trauerfeier fand
am 13.06.2019 in der Kasseler Martinskirche vor fast 2000 Menschen
statt. Denn Dr. Walter Lübcke
war ein Waldecker von Geburt und aus tiefster Überzeugung.
GRav 18.06.2019
DAS WALDECKER LIED - Lied aller
Waldeckerinnen und Waldecker
Unter
allen Landen deutscher
Erde,
preis´ ich Waldeck mein lieb´
Heimatland.
Bis zum letzten Atemzuge werde
Ihm ich weihen treulich Herz und
Hand.
Mein Waldeck lebe
hoch, mein Waldeck lebe hoch, mein teures, liebes Waldeck es lebe, lebe
hoch!
Seht das Land im
Schmuck der schönsten Wälder,
wenn der Lenz mit neuer Pracht
einzieht,
wenn die Berge, Täler, Wiesen,
Felder
grün geziert, soweit das Auge
sieht.
Mein Waldeck lebe hoch, ...
Wie so mächtig auf den Höhen
rauschen,
Eich´ und Buche trotzen Sturm
und Wind.
Hirsch und Reh im stillen
Waldgrund lauschen,
wo der Quell zum klaren Bächlein
rinnt.
Mein Waldeck lebe hoch, ...
Echte Deutsche sind in Waldecks
Gauen,
Sachs und Franke reichen sich
die Hand.
Fürst und Volk einander stets
vertrauen,
Lieb´ und Treue sind ihr festes
Band.
Mein Waldeck lebe hoch, ...
Schwarz-Rot-Gold sind meine
Landesfarben,
dunkler Nacht folgt gold´nes
Morgenrot.
Für Alldeutschland Waldecks
Söhne starben,
deutsche Treu´ bewahrend bis zum
Tod.
Mein Waldeck lebe hoch, ...
Fest, oh Waldeck, steht zum
deutschen Reiche,
wie dein hohes Felsenschloß so
fest!
Grün und blüh´ gleich dein der
schönsten Eiche,
stürmt es auch von Osten oder
West.
Mein Waldeck lebe hoch, ...
Waldecker
Opposition - ein Gedicht aus dem Jahr 1929 von Erich Kästner
Der
deutsche Schriftsteller und Dichter Erich Kästner veröffentlichte am
08.04.1929 in der Zeitung "Montag Morgen" das Gedicht "Waldecker
Opposition".
Kästner hatte damals einen Vertrag
mit der Zeitung und sollte Gedichte verfassen, die aktuell waren oder
die sich auf ein aktuelles Ereignis bezogen. Das aktuelle Ereignis dieser Ausgabe war für
Kästner damals die am 01.04.1929 erfolgte Vereinigung des ehemals
freien und selbständigen Fürstentums Waldeck-Pyrmont mit Preußen.
Waldeck wurde dabei der preußischen Provinz Hessen-Nassau eingegliedert.
Waldecker Opposition
Wir waren nur ein kleines Reich,
ein Meter zehn im Quadrat.
Doch ob groß oder klein, uns war es
gleich.
Denn wir waren ein eigener Staat.
Nun wären wir Preußen, wird uns
erzählt.
Das hat uns gerade noch gefehlt.
Wir haben ein eignes Gepräge!
Wir sind keine Preußen, sondern
empört,
Und murmeln nachts, wenn es niemand
hört:
hie Waldeck allewege!
Damit man ein paar Millionen spart
(wie kleinlich überhaupt!)
hat man uns unsrer Eigenart,
verdammt noch mal, beraubt.
Man schrieb unser Kabinett d. u.
und das Parlament und die Fahne dazu,
weil keinem was dran läge!
O Waldeck, teures Vaterland,
wir schwören Dir's mit Fuß und Hand:
hie Waldeck allewege!
Wir sind ein eigner Staatsverein,
der seine Grenzen kennt.
Wir werden schlechte Preußen sein,
und wenn der Schnee verbrennt.
Daß man sich so vergeht an uns,
beweist die Mängel des Völkerbunds
in der Minderheitenpflege.
Wir sind ein seltner Völkerstamm.
Die deutsche Einheit kann uns am ...
hie Waldeck allewege!
Quelle: WLZ –
Waldeckische Landeszeitung vom 08.04.2019, Seite 7 (Lokales), Beitrag
von Julia Renner.